Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Freunde der Lobbacher Gespräche,
mein Name ist Reinhard Aldag, und ich begrüße Sie zu einer neuen Ver-anstaltung im Rahmen der Lobbacher Gespräche.
Eigentlich hätte eine Veranstaltung wie die heutige gar nicht stattfinden dürfen, nicht mit diesem Thema und schon gar nicht gerade mal fast 80 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, einem Ereignis, das ganz Europa in unsägliches Leid und Elend gestürzt und viel Tod und Zerstörung über die Menschen gebracht hatte. Aber wie so oft in der Geschichte der Menschheit hält eine derart abschreckende Schockwirkung wie 1945 nicht sehr lange an, und Eroberungsdrang und Machtgier, zusammen mit verletzten Eitelkeiten oder was auch immer, gewinnen die Oberhand. Ein Beispiel von vielen aus der jüngsten Vergangenheit: Die Halbinsel Krim im Norden des Schwarzen Meers. In der Antike unter griechischer Herrschaft (damals hieß sie Tauris-Theaterfans aufgepasst!), später viele Jahrhunderte vom osmanischen Reich beherrscht, war sie aufgrund ihrer strategischer Lage (Stützpunkt der Seidenstrasse) immer wieder heiß umkämpft. Man kennt in der Geschichte 3 Kriege auf und um der Krim. Der erste Krieg u.a. gegen aufständische Tartaren, wurde 1783 von der russischen Zarin Katharina der Großen erfolgreich beendet mit der Feststellung: „Von nun an und für alle Zeiten ist die Krim Teil des russischen Reiches.“ Andere Mächte der damaligen Zeit fanden das später weniger zutreffend, und so kam es vor dem Hintergrund des Machtverfalls des Osmanischen Reiches 1853 zu einer weiteren kriegerischen Auseindersetzung zwischen Russland und der Türkei. Später traten Frankreich und Großbritannien auf türkischer Seite in den Krieg ein, denn man wollte verhindern, dass Russland die Kontrolle über den Bosporus, womöglich den ganzen Balkan, erhält. Die Kämpfe fanden größtenteils auf dem Gebiet der heutigen Ukraine statt, damals bereits die Kornkammer der westlichen Welt, und forderten die unglaubliche Zahl von 450.000 Toten auf russ. Seite und ca. 220.000 Toten auf westl. Seite – man beachte die nicht zufälligen Ähnlichkeiten zum 3. Krimkrieg (der 2014 begann…).
Und damit sind wir auch bei unserem heutigen Thema. Zur Einführung in das Thema haben wir auch diesmal wieder einen Experten gewinnen können, einen Experten für Osteuropapolitik.
Ich begrüße nun herzlich unseren heutigen Gast, Prof. Gert Weisskirchen.
Gert Weisskirchen ist gebürtiger Heidelberger (sein Geburtsjahr verrate ich nicht, aber er feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag). Er ist Sozialpädagoge und wirkte von 1975 -1980 an der Fachhochschule Wiesbaden. Seit 1995 hat er eine Professur für angewandte Kulturwissenschaften an der Fachhochschule Potsdam inne. Von 1976 – 2009 saß Gert Weisskirchen für die SPD im Bundestag. Während dieser Zeit war er u.a. Vorsitzender der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe und gehörte der Parlamentarischen Versammlung der OSZE an und war darin Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Angelegenheiten. Daneben ist er Vorsitzender der Europa-Union Baden-Württemberg. Das waren jetzt im Zeitraffer die wichtigsten Stationen seines Lebens, zu ergänzen vielleicht, dass er seit 2020 Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland ist.
Gert W. besitzt vielfältige Kontakte zu Dissidenten in der CSSR, Polen, Ungarn und Russland, und wir erhoffen uns verläßliche Hintergrundinformationen über die Situation in der Ukraine und wie es dazu kommen konnte, oder zu Fragen wie: wie stabil ist die Demokratie in der Ukraine, wie robust gegen immer wieder erhobene Korruptionsvorwürfe, und vor allem: wie lange kann das Land den russischen Aggressionen noch standhalten? Ok, hinterher ist man immer schlauer, aber vielleicht hätte man doch schon früher – abseits der Stimmung der Glückseligkeit nach dem legendären Natogipfel von 2008, die Alarmsignale erkennen können?
Begrüßung 22. Lobbacher Gespräche
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